Ja, ich finde auch, dass Schweizerdeutsch etwas ziemlich anderes ist als Hochdeutsch, schon allein der fehlende Genitiv, nur eine Vergangeheitsform etc., all die eigenen Ausdrücke und dann noch diejenigen aus dem Französischen. Ich finde insgesamt, dass es dem Hochdeutschen etwa so nahe kommt wie Holländisch.
Ich fühle mich persönlich aber etwas angegriffen hier und ich weiss nicht, ob ich mich jetzt (am Thema vorbei) für ein ganzes Land entschuldigen muss, aber hier sind die Hauptgründe, wieso man als Schweizer nicht so gerne Hochdeutsch spricht, also meiner Meinung nach jedenfalls:
1. Es ist eine Fremdsprache, und besonders gegenüber Deutschen haben die meisten Schweizer einen kleinen (oder grossen?) Minderwertigkeitskomplex, gerade was die Sprache angeht. Und wie Ezri (glaube ich) vorhin schon gesagt hat, wird das durch die "je mehr Dialekt desto doofer" Attitüde einiger Leute noch verstärkt. Ich habe zB auch grössere Hemmungen, mit Engländern oder Amis Englisch zu sprechen als mit Deutschen oder Schweizern - nur so als Vergleich.
2. Womöglich trifft dieser Punkt nur auf die Grenzregionen zu, aber wenn in Basel, wo ich herkomme, jemand Hochdeutsch spricht, dann versteht er in 99 % der Fälle sehr gut Schweizerdeutsch, weil er ein Pendler ist oder nur 2 km hinter der Grenze wohnt. Und dann will man sich ja mit seinem Bauern-Hochdeutsch nicht zum Affen machen (sh. auch Punkt 1
).
3. Mit den Leuten, die aus Deutschland zum Arbeiten in die Schweiz ausgewandert sind, habe ich immer Schweizerdeutsch gesprochen. Manchmal war das für alle Beteiligten auch mühsam, aber die Leute wollten das so, weil sie die Sprache verstehen wollten. Und mit Arbeitskollegen kann man das halt gut üben, weil die im Zweifel etwas auch 3x langsam wiederholen und auch Redewendungen oder bestimmte Ausdrücke erklären können, bevor sie auf Hochdeutsch weitermachen. Auf diese Weise haben "meine" Deutschen alle innerhalb sehr kurzer Zeit Schweizerdeutsch verstehen gelernt.
Und nur so am Rand: Mit mir gibt sich hier auch keiner besonder Mühe, Hochdeutsch zu sprechen. Die Leute in den kleinen Dörfern im Taunus reden auch munter Hessisch mit mir, ohne mich zu fragen, ob ich überhaupt was verstehe. Aber ich finde das OK so, denn ich will ja möglichst viel mitkriegen hier, also sollte ich auch die Dialekte verstehen und vielleicht sogar etwas über die Sprachkultur und Herkunft wissen wollen. Natürlich ist das als Tourist wieder etwas völlig anderes, aber ich empfinde es als Einwanderer als meine Pflicht, die Sprache/Dialekte so gut wie möglich zu verstehen. Mit meinem (deutschen) Freund darf ich nur Hochdeutsch sprechen, weil er mich sonst nicht versteht und das auch gar nicht will, oder sich halb kaputtlacht, wenn er Schweizerdeutsch hört. Er versteht übrigens ebenfalls kein Platt (oder Kölsch), das darf dann auch ich als Ausländer für ihn auf Hochdeutsch übersetzen, wenn wir uns was auf diesem Norddeutschen TV Sender anschauen, wo sie immer mit dem Fahrrad durchs Flachland radeln und dann irgendwo Kuchen essen gehen. Ist eigentlich auch seltsam, wenn ich so drüber nachdenke, dass er als Deutscher das nicht versteht... hmmm...
Aber genug Landesverteidigung hier und zurück on topic: Was ich vorhin gemeint hab war ja nur, dass auch einige eher intelligente Leute doch etwas unvorbereitet auswandern, wenn sie nicht einmal wissen, welche Sprache im neuen Land gesprochen wird, und dass es halt mehr abweicht vom Hochdeutschen als wenn jemand Schwäbisch oder Sächsisch oder so spricht. Man muss ja nicht sofort alles verstehen, wenn oder bevor man auswandert, aber man sollte sich doch vorher informieren, alles andere ist meiner Meinung nach ziemlich ignorant dem neuen Land gegenüber.