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Wenn ich das alles lese, dann bin ich überaus dankbar dafür, dass Männe (A) mit seiner Familie schon seit sieben Jahren kein Wort mehr gewechselt hat und ich die Sippe folglich nicht kennenlernen musste und er (B) in seiner Firma Motorenteile entwickelt und produziert und nicht nur weiß, dass das Auto in Dtl. erfunden wurde (die Amis verwechseln das mit Ford, weil Ford die Massen-Autofertigung am Fließband erfand - allerdings erheblich später), sondern sogar mit BMW zusammenarbeitet. So habe ich ihn überhaupt erst kennengelernt. BMW schickte aus irgendeinem Grund die Geschäftskorrespondenz immer auf Deutsch, und
er brauchte Übersetzungen und Zusammenfassungen und fand mich auf seiner Suche nach jemandem, der das erledigt, im Netz. Danke, BMW.
Das find ich ja suess.
Irgendjemand hatte wegen eines moeglichen Umzug in eine Wohung gefragt. Mein Mann hat gerade erst einen Job gefunden und hat eine 3-monatige Probezeit. Der Job ist okay, aber der ist fuer den Uebergang gedacht bis sich hoffentlich bald etwas anderes auftut.
Im Moment ist es also noch recht riskant jetzt schon auszuziehen.
Wie lange wir hier bleiben werden? Wenn wir mal optimistisch bleiben, sind wir wahrscheinlich noch bis zum Sommeranfang hier, aber das ist meinem Mann schon wieder viel zu lange.
Thanksgiving und Weihnachten wollen wir schon in den eigenen 4 Waenden feiern.
Ich werde also schon noch ein paar Monate hier im Chaos leben und mit Sicherheit gibt's dann noch das ein und andere Erlebnis. Ich hoff's ja eigentlich nicht, aber ich werde es auch nicht verhinden koennen. *seufz*
Anbei mal mein erstes Thanksgivingerlebnis hier drueben.
Thanksgiving…..ja, was stellt man sich darunter vor? Dank meiner Arbeit (Dining Facility auf einer US-Base) hab ich natuerlich schon die grosse Version kennenlernen und vorbereiten duerfen.
Laut der Erzaehlungen amerikanischer Kollegen ein schoenes Fest im Familienkreis. Wie Weihnachten, nur ohne Geschenke und wenn man Glueck hat mit irgendeinem Streit.
Selbst zubereitet haben wir natuerlich auch mal so ein Festessen, und entsprechend gespannt war ich also auf die Art und Weise, wie es nun die Schwiegereltern zelebrieren wuerden.
Ich muss dazu sagen, dass Thanksgiving bei den Schwiegereltern einen Tag vorher gefeiert wird. Irgendwie scheinen in der Familie alle geschieden zu sein, und damit man sich nicht zwischen zig Familienmitglieder zerreissen muss, isst man das Thanksgivingmahl hier eben einen Tag frueher.
Eine Woche vorher gab es von den Schwiegereltern die Anweisung, dass wir die Boeden saugen sollten (eine Frage an dieser Stelle…gibt es eigentlich auch eine andere Teppichfarbe, ausser beige, dunkelbeige, hellbeige?), danach durchwischen. Grossputz stand an.
Meine Frage, wieso wir schon eine Woche vorher den Boden saugen und durchwischen sollten, wurde mit folgendem beantwortet:
Damit es erledigt ist.
Hatte ich schon die 3 Hunde erwaehnt? Dann gaebe es da noch 2 kleine Kinder und uns 4 Erwachsene…haaallooo?
Wir haben es dann tatsaechlich geputzt. Wir, das waeren mein Mann und ich. Wer jetzt glaubt, dass Schwiegis da jetzt munter mitgemischt und gewischt haben.
Nee, nee
….in den ganzen 7 Tagen hat sich Schwiemu2 emotional auf das Fest vorbereitet, indem sie sich entweder direkt nach der Arbeit oder direkt nach dem Aufstehen vor die Flimmerkiste gehockt hat, um sich die neuesten Episoden der “Das muessen Sie unbedingt haben, auch wenn Sie es nie brauchen werden” Shows der Home Shopping Kanaele anzuschauen.
Schwiegervater hat ausgiebig Internetrecherche nach unnuetzen Dingen betrieben, damit der Paketmann auch in Zukunft noch Arbeit hat.
Eines muss man den beiden lassen. Die beiden muessen sich den Schuh nicht anziehen, dass sie nichts fuer die Wirtschaft getan haben. Immer fleissig dabei.
Der grosse Tag war da. Morgens stand Schwiemu2 sehr frueh auf, 8 Uhr…fuer Schwiegervater und sie ist das noch mitten in der Nacht.
Es wurden Kartoffeln geschaelt und der Truthahn zubreitet.
Zubereiten heisst, auspacken und in den Ofen. Wuerzen…nicht doch. Schwiemu2 wird spaeter uebrigens ganz toll davon schwaermen, wie super ihr der Truthahn dieses Jahr gelungen sei.
Und da man keinen ganzen Truthahn schafft, wurden eben 2 Truthahnhaelften gekauft. Und mir scheint, die beiden haben das logische Denken komplett neu erfunden.
Es sollte geben: Kartoffelbrei (was anderes haette ich auch gar nicht erwartet), Kartoffelsalat, Bohnen, den erwaehnten Truthahn, Ham, Mais und ganz wichtig Stuffing.
Die Kartoffeln wurden aufgestellt. Das Wasser auf hoechste Stufe und dann hat sich Schwiemu2 erstmal eine Runde aufs Ohr gelegt. Wovon ich aber nichts bekam, da ich wieder am Saugen und Wischen war.
Irgendwann stand ich in der Kueche neben dem Herd und konnte gerade noch zur Seite springen, denn das Wasser aus dem Topf mit den Kartoffel spritzte geysirartig gen Abzugshaube und platschte auf den am Tag vorher geputzten Boden vor dem Herd.
Schwiemu2 kam ca. 15 Minuten spaeter und fand es lustig, dass sie die Kartoffeln vergass. Witzisch.
Vom Stuffing hat Schwiemu2 schon Tage vorher geschwaermt. Sie mache den “from scratch”, den wuerde sogar die andere Schwiegertochter essen. Diese wuerde sogar das Stuffing ihrer eigenen Mutter verschmaehen.
Alle anderen kaufen den Mist im Karton, sie macht es alles selbst.
Da stand ich dann neben ihr in der Kueche und war gespannt, wie ein Flitzebogen. Fuer das Stuffing hatte sie extra sausage besorgt und das fettige Zeug brutzelte in der Pfanne vor sich hin.
Und dann der Augenblick, als ich mal wieder vom Glauben abfiel.
Ihr Stuffing ist gar nicht selbstgemacht, das scheint fuer sie ein sehr dehnbarer Begriff zu sein. Es reicht in ihren Augen schon, wenn sie sausage mit dem vorgefertigten Stuffing Mix vermengt und das dann mit Bruehe zu einer klebrigen Pampe fertig ruehrt. Feddisch…
Es war dann spaeter Nachmittag. Die erwachsenen Kinder von Schwiemu2 sagten schon Tage vorher bescheid, dass sie es nicht bis um 5 schaffen wuerden.
Das Essen war trotzdem schon um halb 5 fertig. Und notiere, es kann eigentlich egal sein, wie frueh man bescheid sagt, dass man dann und dann spaeter kommt. Schwiegereltern sind trotzdem schon 10 Minuten vorher angepisst.
Herrlich.
Mein Mann und ich zogen uns zwischenzeitlich etwas netter an. Gescheite Hose, Hemd und Bluse. Nicht uebertrieben schick, aber auch nicht im Assi-Look.
Schwiegervater behielt seine ausgeleierte Jogginghose und sein ausgewaschenes mit Kochresten beschmutztes T-Shirt gleich an.
Schwiemu2 trug den stylischen Partnerlook und wir waren, obwohl wir normal angezogen waren, aber sowas von over-dressed.
Die Kinder von Schwiemu2 kamen dann auch. Beide verheiratet, der eine mit 2 herzallerliebsten kids…Scherz. 2 Maedchen, 12 und 14, absolut verzogen (beide bekamen schon von Geburt an immer die gleichen Geschenke, wenn die jeweils andere Geburtstag hatte. Das geht heute noch so…Weihnachten war ein Fest der Freude *augenroll* )…das waren also sowas wie meine Nichten. Ganz toll.
Die Mutter der beiden ist auch so ein Herzchen.
Ich durfte sie schon vor ein paar Jahren kennenlernen. Ich halte mich jetzt nicht fuer oberschlau und hab auch nicht Ahnung in einigen vielleicht auch vielen Bereichen, aber ich denke, dass bei ihr der IQ in keinster Weise messbar ist. Daran wuerden sicherlich einige ganz schlaue Menschen scheitern.
Wir spielten mal mit der Familie Outburst. Ein Spiel mit Oberbegriffen und man muss 10 Unterbegriffe finden, geht auch andersrum. Ist ganz lustig.
Zum Bruellen komisch wird es, wenn man es mit der Schwaegerin spielt.
Nenne 10 Obstsorten mit P….sie war superschnell und bruellte “banana”.
Respekt. Mit einem Wort gleich mal allen gezeigt, dass ihr IQ nicht gerade im Hochbegabten Bereich liegt.
Waehrend wir versuchten nicht loszulachen, fasste sich ihr Mann an den Kopf und konnte diesen nur noch schuetteln.
Schwaegerin kam also an Thanksgiving durch die Tuer spaziert und hatte sich mords in Schale geworfen: verwaschenes schwarzes KISS T-shirt, lila Jogginghose mit passender Jacke und dazu passende matschige Turnschuhe.
Ein Traum.
Ihr Mann war halbwegs normal angezogen, da er gerade von der Arbeit kam und der andere Sohn von Schwiemu und dessen Frau trugen auch ansehnliche Klamotten.
Der Schock hielt sich also in Grenzen, wobei ich glaube, dass man das Outfit von der IQ-losen nur schwer haette toppen koennen.
Alle waren da, wir konnten also essen. Zur Feier des Tages wurde das sonst geschlossene Esszimmer genutzt. Heiligtum von Schwiemu2 und fuer mich ein kleiner Horrortrip. Ueberall Puppen, ueberall Kreuze, Engel, Gebete und mein persoenliches Highlight: das letzte Abendmahl als gehaekelte, gekloeppelte Tischdecke.
Ich konnte mich vor Begeisterung gar nicht mehr halten.
Ich war gespannt, wann denn der Tisch gedeckt werden wuerde, als Schwiegervater dann endlich auch mal an den Kuechenschrank ging und das schon im ersten Beitrag erwaehnte billiger Designerservice von Wal-Mart aus dem Schrank holte.
Pappteller, Pappbecher und die Kleenex-Rolle auf dem Tisch.
Wir wohnen uebrigens nicht in einem Trailer, falls sich das gerade jemand fragen sollte.
Das mittlerweile schon fast kalte Essen hat man sich in der Kueche geholt. Kartoffelbrei ist auch so eine leckere Eigenkreation von Schwiemu2. Tatsaechlich selbstgemacht, mit 3 grossen Dosen Kondensmilch und massig Butter und das ganze dann solange geruehrt bis der Brei dann endlich aufgab und schon fast fluessig wurde.
Der Kartoffelsalat…tja, was soll ich dazu schreiben? Der hatte die Konsistenz von richtigem Kartoffelbrei und den Geschmack von Essiggurken und Mayo.
Das Gemuese war tot, alle Wiederbelebungsmassnahmen scheiterten. Bei hoechster Stufe auf dem Herd musste es auch nicht lange leiden. R.I.P.
Truthahn…sowas furztrockenes hatte ich noch nie gegessen. Da zergeht ja Zwieback einem auf der Zunge. Mit jedem Biss und jedem Kauversuch musste ich einen Schluck Wasser trinken, bei jedem trockenen Schluckversuch herrschte Lebensgefahr.
Stuffing…Konsistenz von Play-Doh und ich ueberlegte schon, ob ich zur Erheiterung aller, meinen Klumpen an die Decke schmeissen sollte. Ich war tatsaechlich neugierig, wie lange das Zeug da wohl haengen bleiben wuerde.
Im Mund verteilte sich die Pampe doch ueberraschend schnell und klebte am Gaumen und halb im Rachen fest. Ich habe wohl noch nie in meinem Leben so viel beim Essen getrunken wie an dem Abend, ohne Getraenk wuerde ich hier jetzt nicht sitzen.
Als die Frage kam, ob alles schmecken wuerde, rettete mich der Stuffingklumpen im Mund und ich nickte und brummte nur irgendetwas vor mich hin und nahm einen grossen Schluck aus meinem schicken roten Plastikbecher.
Gewusst wie…
Der Abend war dann auch recht schnell wieder vorbei. Schade.
Die 12 jaehrige Enkelin meiner Schwiegereltern spielte dann noch etwas auf ihrer Geige. 6 Jahre Geigenunterricht und das ganze Geld fuer nichts.
Ihr merkt….ich bin noch immer schwer begeistert.