Auswandern und Nostalgie

Emmaglamour

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Im Moment mache ich vieles "zum letzten Mal"... und mir wird etwas wehmütig.
Das ist ganz normal, und im Grunde ist das eine gute Sache, finde ich, denn man merkt, wie sehr man die Heimat schätzt.
Wie war / ist das bei Euch so? Wie oft fahrt Ihr in die Heimat? Wie groß war / ist das Heimweh?
Mir ging's ähnlich wie Lileigh: Mir war sehr bewusst, dass ich viele Dinge zum letzten Mal mache, und das war schon traurig - wobei ich ja immer mal wieder nach Dtl. komme und das auch wusste.
Aber ich habe es so gemacht, dass ich lauter Lieblingsdinge getan habe und auch bewusste "Genusspausen" eingelegt habe. In den letzten Wochen bin ich beispielsweise immer, wenn das Wetter halbwegs nett war, auf dem Heimweg vom Kunden über den Pariser Platz geradelt und habe mich dort vor der französischen Botschaft ein bisschen auf eine Bank gesetzt und den schönen Anblick des Brandenburger Tores genossen. Oder ich habe mich ein paar Minuten auf den Gendarmenmarkt gesetzt. Oder vor den Berliner Dom. Manchmal alles drei nacheinander. :D

Und ich glaube, der schlimmste Tag wird an meinem 30. Geburtstag im August kommen... (...) und ich hock hier in f*cking Hinesville am Arsch der Welt *seufz* :ohno
Bis August ist's noch lange hin. Bis dahin hast Du vor Ort gute Freunde gefunden, die Dich aufheitern werden. Wie sieht's denn mit Deinen beruflichen Perspektiven aus? Möchtest Du auch arbeiten, oder bleibst Du erst mal Hausfrau? Falls Du Dich wieder ins Heer der Berufstätigen einreihst, findest Du auch dort sicher schnell Freunde. Und dann sieht das mit dem 30. Burzeltag und dem Alleinsein schon ganz anders aus.

So oder so: Nichts und niemand zwingt Dich, in f*cking Hinesville am Arsch der Welt hocken zu bleiben, wenn Du zum zweiten Mal 29 wirst. Ich war an meinem 30. Geburtstag (da war ich in der Mitte einer zweiwöchigen Dienstreise in den USA) bei Disney World - ich fand das altersmäßg geeignet. ;) Sooo weit ist Orlando ja auch nicht von Deiner Warte aus - wenn Du magst, kann ich Dich auch gern zu Deinem 30. in einen Vergnügungspark schleifen, falls Du anderenfalls in f*cking Hinesville am Arsch der Welt hocken würdest. SeaWorld ist auch nett. :D
Oder Du besuchst Freunde in den USA. Der Großnasenvogel in NJ freut sich sicher über Deinen Besuch. ;)

Jeder in meiner Familie meinte sie kommen mich besuchen. Ich bin jetzt 15 Monate hier und noch keiner war hier :(. Ich bin enttaeuscht das keiner wissen will wie wir hier wohnen (fotos wollen sie schon). Wir haben extra ein Gaestezimmer und keiner kommt.
Ach, die kommen schon noch. Einige wollten sicher warten, bis Du Dich richtig eingelebt hast, ehe sie Dir auf die Bude rücken.
 

mari23

Well-Known Member
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Das ist ganz normal, und im Grunde ist das eine gute Sache, finde ich, denn man merkt, wie sehr man die Heimat schätzt.

Ja, genau, da bin ich der gleichen Meinung. Man sollte den Abschied bewusst erleben und einige Dinge, die man sonst für selbstverständlich hält, ganz bewusst tun.

So oder so: Nichts und niemand zwingt Dich, in f*cking Hinesville am Arsch der Welt hocken zu bleiben,

Ruffie, wenn du dann noch keine Freunde gefunden hast und immer noch allein in f*ucking Hinesville sitzt, dann schwing dich ins Auto und komm hierher und wir feiern deinen Geburtstag. Irgendwas wird uns schon einfallen! Es sind von dir nur gut 2 Stunden hierher! Emma, vielleicht kommst du dann auch hierher, dann sind wir schon drei und wir machen eine kleine AWF-Geburstagsparty für Ruffie :wohoo

Also, bei mir waren es drei Abschiede. Als ich meinem alten Leben das erste Mal Tschüss gesagt habe, bin ich von Stuttgart in die Niederlande gezogen, um meinen Mann dort zu treffen und unser gemeinsames neues Leben zu beginnen. Ich habe es Gott sei Dank nicht versäumt, an der Autobahnauffahrt eine Gedenkminute einzulegen, dass nun endlich (!!!!) der jahrelang ersehnte Tag gekommen war, dass ich Stuttgart verlassen konnte. Ich war in NL nur drei Stunden Autofahrt von meinen Eltern weg und damit näher als vorher. Aber als wir von NL in die USA gezogen sind, da hatte ich schon etwas Abschiedsschmerz, weil es mir dort so gut gefallen hat!

Aber ich habe es so gemacht, dass ich lauter Lieblingsdinge getan habe und auch bewusste "Genusspausen" eingelegt habe.

Da bin ich auch zwei Tage durch Rotterdam gefahren und habe mir alles mit einem weinenden Auge nochmal angesehen und musste dauernd schlucken und manchmal ein Tränchen wegwischen. Ich war auch froh darum, denn es wäre ja traurig, wenn man einfach so weggehen könnte, ohne dass es einem im geringsten berührt (positiv oder negativ).

Das dritte Mal war unser Umzug von KL nach USA (mein 2. Umzug in die USA). In KL hatte es mir super gefallen und ich hatte noch gar keine Lust, in die USA zurückzugehen, nicht mal mit der Aussicht auf Florida in naher Zukunft, erstmal mussten wir nach VA. Das war der Abschied, der mir, glaube ich, am schwersten gefallen ist. Und ich kannte mich selbst nicht mehr, da ich vorher noch nie traurig war, wenn ich Deutschland verlassen konnte. Ich bin zwar gerne in Deutschland, aber bin dann auch wieder froh, wenn ich mal wieder eine Zeit wegkomme. Zu lange darf es halt nie sein.

Aber bei mir hält der Abschiedsschmerz nie lange an. Sobald ich dann weg bin, bin ich auch tatsächlich weg und fange am Zielort neu an, bin auf zu neuen Taten und freue mich aufs Erkunden. Sowas wie Heimweh kenne ich nicht. Allerdings war der erste Tag in VA (bei Umzug von KL) wirklich frustrierend. Wir haben im Hotel auf der Base eingecheckt und wollten abends noch was essen. Es war aber schon nach 20.00 Uhr, bad news in USA, was zu essen zu finden, Restaurants machen früh zu. Wir sind also eine der großen Straßen rauf und runter gefahren, wussten auch nicht, wo es dort gute Restaurants gab, ich wollte zumindest in ein Restaurant, was nicht so kaschemmenmäßig aussah und nicht total ungemütlich war, sondern irgendwie nach Restaurant aussah. Wir hatten kaum Auswahl, also sind wir schließlich nach 5x rauf und runterfahren in irgendeins rein. Und das war der schlimmste Fraß, den man mir je vorgesetzt hat, ich konnte nichts essen. Die Spaghetti von meinem Mann hatten eine grelle, künstlich rote Soße, die konnte er auch nicht essen. Und bezahlen mussten wir das Ganze trotzdem, obwohl es echt ungenießbar war. Ich hatte nur einen "Greek salad" bestellt, dann kamen einige grüne und am Rand angefaulte Salatblätter, aber ohne den "Greek part", nämlich die Fetawürfel, die brachte sie dann auf Anfrage nach. Der Salat war ungenießbar und das "house dressing" war echt zum :kotzscheußlich.

Es war 21:50 Uhr und es gab auf der Strecke ins Hotel einen Food Lion (Supermarkt), der bis 22.00 Uhr aufhatte. Also da schnell noch rein, ich habe ein paar Äpfel und einen Mozzarella-Käse gekauft (nicht den frischen, sowas gibt es beim Food Lion nicht, sondern den zum Schneiden). Im Hotel wollte ich das aus Verdruss essen, aber der Käse schmeckte wie trockene Pappe. Mann, war ich bedient, habe den ganzen Käse vor Frust genommen und in den Müll gedonnert. Und dann meine drei Äpfel gegessen, bevor ich ins Bett gegangen bin, und gedacht: Mensch, wie sollst du dich hier in diesem Lande nun wieder ernähren (selfpitty mode) :traurig1. Aber ab dem nächsten Tag sah die Welt dann schon wieder besser aus...

Und wie gesagt, Heimweh habe ich nie, daher kann ich dazu nix beitragen. Ich fliege 1x pro Jahr nach DE.
 

lamissv

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Vielen Dank für Eure vielen Aufmunterungen (besonderen Dank an Boricua!), ich finde diese Erfahrungsaustauschthreads immer toll.
Ja, die letzte Woche ist bei mir angebrochen. Schon gestern das letzte Mal Spielenachmittag mit meinen Freunden, das war etwas melancholisch und heute das letzte Mal an der Uni, Klausur beaufsichtigt, alle nochmal besucht und Bücher zurückgebracht. Seufz.
Aber ich glaube, das ist alles schon richtig so. Durch diese Trauerphase muss man einfach durch.
Ich kann mir vorstellen, dass es jetzt härter ist als nächste Woche, wenn ich dann endlich bei meinem Kerl bin. Im Nachhinein ist die ganze Zeit von Visumsbeantragung bis Auswanderung superschnell rumgegangen, auch wenn es mir zwischendurch gar nicht so erschien.
Ich bin ziemlich heimatverbunden, hab den Ruhrpott nie länger als 3 Monate verlassen und mich immer sehr heimisch hier gefühlt. (Konnte mich sehr mit dem identifizieren, was Emma über Berlin geschrieben hat.) Am Samstag habe ich nochmal den Landschaftspark Nord in Duisburg besucht (mit Brüderchen), abends gab's ne Geburtstagsparty mit allen... Ich genieße das mit einem Tröpfchen Wehmut.
Und fühle mich traurig und fröhlich. Irgendwie ist das schon ein verdammt mutiger Schritt. Ne? :)
Liebe Grüße
Verena
 

Ilka

Well-Known Member
Ich habe letztens auch schon einmal darüber nachgedacht als ich im CentrO war...."Ist das jetzt das letzte Mal, dass Du hier bist?"

Oder als jetzt der Geburtstag meines Großvaters war und meine Tante und mein Onkel sowie mein Cousin mit Frau und Sohn aus Celle dort unerwartet zu Besuch kamen..."Hast Du die alle jetzt zum letzten Mal gesehen?"

Das sind schon richtig komische Gefühle...obwohl ich genau weiß, dass ich letztlich nicht ganz so familienbezogen bin wie vielleicht meine Schwester...aber na ja, ich versuche nach vorne zu blicken und daran zu denken, was ich dann alles wieder haben werde, wenn wir in den USA angekommen bin...nämlich meinen Mann und den vermisse ich schon wirklich heftig!
 

mari23

Well-Known Member
Citizen
Ach, Kinder, es ist das letzte Mal im "alten" Rahmen, aber doch nicht das letzte Mal! Nächstes Jahr kommt ihr schon wieder zu Besuch und geht ihr da wieder hin.

Es ist ja nicht wie vor 100 Jahren, dass man das Schiff nach Amerika auf Nimmerwiedersehen besteigt, wenn man will, ist man ja schnell wieder in DE.
 

illedill

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Ehe-GC
Ich hab mich riesig auf den Umzug in die USA gefreut, weil mein Mann schon drei Monate vor mir rueber ist und ich ihn endlich wiedersehen wollte.

Der Abschied bei der Arbeit war traurig, ich vermisse ein paar meiner Patienten auch jetzt noch.
Was mir wirklich nicht leicht gefallen ist, waren meine Freunde zu verabschieden. Ich hab mich darum geweigert, mich richtig zu verabschieden, ich hab fast immer auf Umarmungen verzichtet, weil ich dann hundertprozentig begonnnen haette loszuheulen.

Am Morgen meines Fluges hat mich mein Bruder aus Oesterreich angerufen, meinem kleinen Neffen das Telefon in die Hand gedrueckt und der hat ins Telefon gesprochen : Liebe Lisa, alles gute in Amehika". Da hab ich erst mal richtig heulen muessen...

Was mir die Reise um einiges erleichter hat ist, dass meine Mama mit mir geflogen ist und die ersten zwei Wochen hier bei uns gewohnt hat. Sie hat mir beim Einleben sehr geholfen.

Bisher haelt sich mein Heimweh in Grenzen, weil ich recht beschaeftigt bin und ueber meine Hunde eine Menge Leute kennengelernt habe. Zwar halten sich die Unterhaltungen oberflaechlich, aber immerhin kann ich mich taeglich ein paar Stunden mit anderen unterhalten, das ist mehr, als ich mir urspruenglich erhofft hatte.

Im Herbst kommen meine Mutter, eine Bekannte von ihr und meine Schwester zu Besuch und unternehmen eine Ostkuestentour und kommen auf ihren Stops immer wieder vorbei, darauf freue ich mich auch schon.

Mal sehen, wann ich nach Deutschland fliege und ob ich dann ueberhaupt wieder weg will ( mit meinen zwei Hunden kann ich leider nicht einfach mal spontan fuer eine Woche gehen, sondern muss wenn dann schon mindesens 4 Wochen- anders koennte ich ihnen die Strapazen des Fluges nicht antun und in eine Pension will ich sie nur im Notfall geben).

Aber momentan fuehle ich mich hier super wohl.
 

Ingrid

Citizen
Citizen
Ich glaube der Wille zu besuchen ist bei allen da, aber das Leben geht weiter. Bei uns war meine beste Freundin vor Jahren einmal, seitdem hatte sie kein Geld mehr zum besuchen. Der beste Freund meines Mannes kam auch einmal und das wars.
Dann wollte keiner mehr ins Buschland kommen, denn wir sind alle ... wisst ihr schon. Und ich sagte zu meinen Mann, wenn die so denken koennen sie gleich drueben bleiben. Ich dachte immer Freundschaften sind auf einen anderen Niveu gebaut.
Nach ca 10 Jahren haben wir 0 Heimweh. Wir sollten bald hinueber fliegen aber wollen das nicht mal mehr. Wir wissen echt nicht was wir noch drueben sollen?
Mein Mann wuerde lieber in ein anderes Land im Urlaub fliegen. Mal sehen was noch kommt.
 

Emmaglamour

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Greencard
Ich kann mir vorstellen, dass es jetzt härter ist als nächste Woche, wenn ich dann endlich bei meinem Kerl bin.
Das denke ich auch. Und dann bist Du erst einmal damit beschäftigt, Dich schön einzuleben. :)
Und fühle mich traurig und fröhlich. Irgendwie ist das schon ein verdammt mutiger Schritt. Ne? :)
Ist es!
Und das kann man sich in Wehmutsmomenten auch selber sagen: Die wenigsten Menschen trauen sich doch, das Altbekannte zu verlassen und noch einmal ganz neu anzufangen (nicht nur in Bezug auf Auswanderungen - auch sonst hängen die meisten nun mal in ihrem Trott fest). Wenn man das durchzieht und auch nur ein bisschen Erfolg dabei hat, dann ist das bemerkenswert und beeindruckend und man darf ruhig stolz darauf sein.
Ach, Kinder, es ist das letzte Mal im "alten" Rahmen, aber doch nicht das letzte Mal! Nächstes Jahr kommt ihr schon wieder zu Besuch und geht ihr da wieder hin.

Es ist ja nicht wie vor 100 Jahren, dass man das Schiff nach Amerika auf Nimmerwiedersehen besteigt, wenn man will, ist man ja schnell wieder in DE.
Das sehe ich eigentlich auch so.
Trotzdem habe ich es geschafft, in den zehn (!) Dtl.-Besuchen, die ich seit meiner Übersiedelung schon gemacht habe, jedes Mal meine weltallerbeste Freundin zu verfehlen, weil die selber so viel unterwegs ist. *gnarf*
Die fehlt mir wirklich. Nun kommt sie hoffentlich mit ihrer Lütten in den nächsten paar Monaten mal für zwei Wochen hier eingeflogen und lässt ihre Männer Zuhause (was mir recht ist, denn zum einen kann ich keine vier Leute unterbringen und zum anderen bin ich auch nicht sonderlich scharf darauf, ihren Mann zu sehen... ;)), und auf den Besuch freue ich mich wirklich sehr-sehr.
 
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