USA - Schule in Corona-Zeiten

Lileigh

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Die erste Woche ist uebrigens vorbei.

Chaos, Chaos, Chaos. Was erwartet wurde.

Bisher sitzen die Zwerge in der Grundschule tatsaechlich jeden einzelnen Block vor dem Rechner. Die sind zwar durch 20-Minuten Pausen getrennt und nach den ersten drei Bloecken folgt immerhin eine Pause mit 1.5 Stunden, aber es ist schon extrem lang. Von acht bis halb vier. Gilt wie gesagt fuer K-5. Etliche Eltern mit Minis im Kindergarten haben sich auf der FB page der Schulbehoerde Luft gemacht. 5-jaehrige schaffen das einfach nicht, egal wieviel Pausen man reinpackt. Mein Drittklaessler kommt auch an seine Grenzen.

Unser Lehrer ist klasse und der Mann sitzt teilweise noch bis spaetabends am Rechner. Am Freitagabend hatte er um 23 Uhr noch eine Email an die Eltern geschickt und um feedback gebeten.
Zum gleichen Zeitpunkt sass ich auch am Rechner und hatte ihm von mir aus schon feedback gegeben, weil mein Sohn an dem Tag wirklich frustriert war und ihm erklaert, woran das lag, Es war alles irgendwie zuviel. Um Mitternacht hatte ich eine Antwort auf meine email, obwohl ich das gar nicht erwartet hatte.

Es gibt einige Unruhestifter in der Klasse. Zum Teil artete es sogar am 2. Tag schon so aus, dass ein Kind "fuck school" und fuck Mr. X" in den Chatverlauf reinhaute.
Ein anderer schreit staendig rein und laesst absolut wirres Zeug los. Zuletzt dann, dass das Virus ein hoax sei und er sich nicht die naechsten 100 Jahren einsperren lasse. Man kann sich also vorstellen, was bei ihm zuhause diskutiert wird. Dem Lehrer war es dann zuviel und hat ihn dann komplett gekickt, weil es eben stoerte. D.h. jedes mal, wenn er wieder als "joined" auftauchte, flog er wieder raus.

Anders ist es auch gar nicht moeglich. Man merkt bei welchem Kind jemand daneben sitzt und wer komplett alleine zurecht kommen muss. Alle fuenf Minuten fragt jemand, wann die naechste Unterbrechung sei.

Noch sind wir in der Kennenlernphase. Es werden Aufgaben geloest, um zu sehen, wer auf welchem Stand ist. Gleichzeitig kann der Lehrer nicht so agieren, wie er es im Klassenzimmer tun wuerde. Das bedeutet natuerlich, dass die Kinder mit Eltern oder Betreuungsperson daneben im Vorteil sind, weil man da eben nochmals Hilfe bekommt, wenn etwas unklar ist. Man bekommt auch sehr gut mit, mit was fuer einem Mist sich ein Lehrer herumschlagen muss. Lustig ist es, wenn ein Kind sich einfach wieder ausloggt oder sagt, ich habe keine Lust, und dann aufsteht und weggeht.

Ich war nach der Woche echt k.o. Heute lief der Start der 2. Woche wesentlich besser. Aber sobald die Kinder von der grossen Lunchpause zurueckkehren, merkt man ihnen an, dass die Luft raus ist.

Geplant ist nun in naher Zukunft auf das andere Programm zu wechseln, was wohl wesentlich entspannter ablaufen soll. Meine Tochter ist in der High School und nutzt es seit dem ersten Tag. Zwei ihrer Lehrer fragen nur die Anwesenheit ab und lassen dann die Kinder die Aufgaben alleine abarbeiten und sind eben fuer Fragen da.

Desweiteren ist der naechste Schritt den Unterricht vorab aufzunehmen, so dass Schueler jederzeit Zugriff darauf haben und um das ganze auch fuer Berufstaetige flexibler zu machen.

Jedenfalls Respekt an den Lehrer. Der hat wirklich eine unglaubliche Geduld.
 

stefan tweets

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dass ein Kind "fuck school" und fuck Mr. X" i
ist hier auch so... Das Kind war "schlau" und hat nicht zu der Schule gehört, aber natürlich den SchulPC vom Schuldistrikt benutzt. Die Schule konnte so leicht raus finden wer ZoomBombing ausprobiert hat ohne die Polizei einzuschalten.
Einige Kinder malen Penise und so... sehr kreativ.
 

stefan tweets

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Nach einer Woche Unterricht, ist mir nun klar geworden das die USA den Bach runter gehen wird. Meine Frau unterrichtet ja Spanish und hat relativ grosse Klassen. Das ist mitunter deswegen so, weil Kinder und Eltern gedacht haben, dass es einfach ist gute Noten zu bekommen. Cheating ist ja einfach, jeder kann Uebersetzer benutzten... meine Frau ist aber nicht doof und hat ein System entwickelt wo man nicht cheaten kann.....

Die Eltern laufen nun Sturm dagegen und rufen sogar beim Direktor an. Ueber ein drittel der Kinder haben nun "Krankheiten" und können nicht sprechen, nicht lesen, man darf die Kinder nicht erwaehnen... und so weiter und das im Wahlfach Spanish. Sie wollen nur gute Noten fuer nix.

Der Direktor hat ihr gestern erklärt, dass das wichtigste und primäre Ziel ist, dass die Eltern zufrieden sind. Ob die Kinder was lernen oder nicht ist dabei sekundaer und im Grunde nicht wichtig. Eltern haben immer Recht. Meine Frau ist total fertig, denn sie möchte stolz auf die Kinder sein und möchte den Unterricht so gestalten, das die Kinder was lernen. Fuer meine Frau ist die Welt zusammen gebrochen, denn ihr Talent ist verschwendet (sie spricht immerhin 10 Sprachen und liebt das unterrichten). Die Schulen schwimmen in Geld und können jedem Studenten ein $1500 Laptop geben, die Gebäude sind mega gross mit dem besten Equipment... aber jeder Student muss ein A bekommen (Elternzufriedenheit), was natürlich bedeutet das alle gleich schlecht sind. Es ist nicht mal möglich besonders begabte Kinder zu erkennen und zu fördern.
Eine Gausskurfe als Normalverteilung gibt es hier nicht.

Fazit ist: Sie wird nur ein Jahr "unterrichten" und dann was anderes suchen. Das öffentliche Schulsystem ist völlig "am Arsch", denn Lehrer müssen zwar Anforderungen erfüllen und Mindestziele erreichen, die sind aber so niedrig das es ein Witz ist. Mir war nie klar warum homeschooling möglich ist und die Kinder dort trotzdem die Ziele erreichen. Meine Frau hat davor Tutoring gemacht und wird es wieder anbieten. Kinder lernen dann ungefähr 4x so schnell.
Wenn Eltern wollen das Kinder was lernen, muss man die öffentlichen Schulen meiden. Statistisch sind hier 20% aller Lehrer jedes Jahr neu und nun ist auch klar warum.

Warum ein Uniabschluss hier so wichtig ist, ist mir nun auch klar. Man lernt hier einfach nix, die Jahre sind mehr oder weniger verschwendet. Wer richtig was lernen will, muss das auf der Uni machen (oder eine strenge Privatschule), alles andere ist Muell.
 

Lileigh

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Ueberrascht mich nun nicht wirklich. Aber man muss auch beachten, dass es ein Nord-Sued Gefaelle in den USA gibt und die Bildung staerker schwaechelt je weiter suedlich es geht. Innerhalb der einzelnen Staaten gibt es dann auch nochmal gravierende Unterschiede. Inwiefern ein Kind was und wie schlussendlich lernt, haengt wie so vieles vom Einkommen der Eltern ab.
Das Schulsystem ist definitiv verbesserungswuerdig.

Katastrophal wird es fuer Schulen, die eben auf jeden Penny angewiesen sind, aber die Vorgaben nicht erreichen. Es straft Kinder und auch Lehrer.

Solange es aber Mitmenschen gibt, die so waehlen, dass education immer weiter in den Hintergrund rueckt, wird nichts passieren.
Generell ist man hier als Eltern weitaus staerker gefragt sich miteinzubringen und mit den Lehrern zusammenarbeiten, wenn man moechte, dass das Kind tatsaechlich etwas lernt. Wobei es da auch Grenzen gibt, i.e. curriculum. Wer mehr lernen moechte, kann da tatsaechlich in einigen Ecken nicht darauf hoffen, dass das in der Schule passiert.

Die Kinder, die generell kein support system haben, fallen ab oder muessen sich mehr anstrengen als andere.

Ich bin gespannt, wie das System diese Krise uebersteht.
Es tut mir leid, dass deine Frau und auch die Kinder so gestraft werden.



Zu uns...

Die Schulbehoerde hat die Beschwerden der K-5 Eltern gehoert. Ab September geht man dazu ueber nur vormittags live sessions mit den Lehrern zu veranstalten und nach dem lunch dann die Schueler fuer sich arbeiten zu lassen.
Es wird instructional videos geben und abends wird es Lehrer geben, die fuer live sessions zur Verfuegung stehen. Gleichzeitig wird fuer jeden Schueler ein individueller Plan ausgearbeitet, der festlegt ob weitere live sessions mit einem Lehrer noetig sind, ob das Kind selbstaendig mit den apps klarkommt, welcher reading level zu beruecksichtigen ist etc.

Natuerlich heulen jetzt die, die sagen, dass ihre Kinder keine Probleme haetten und somit nichts geaendert werden solle. *augenroll*
Auch so eine Einstellung, die mich stoert: die Leidtragenden sollen sich immer ihrem Schicksal fuegen.
 

stefan tweets

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Katastrophal wird es fuer Schulen, die eben auf jeden Penny angewiesen sind, aber die Vorgaben nicht erreichen.
Das ist nicht so schwer... man muss einfach alle schlechten Kinder auf eine Liste mit Krankheiten setzen. Hier sind fast 40% der Kinder auf der Liste.... was bedeutet das die Schule auf jeden Fall die Vorgaben erreicht.
 

stefan tweets

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Die Sache mit dem Zoom Bombing ist eskaliert. Ein Schueler fand es gut Zoom Bombing zu machen und die ganze Aktion auch noch fein zu dokumentieren ala Facebook / YouTube. Natuerlich hat er die Aufmerksamkeit bekommen, nur war der name der Schule in den Videos klar zu erkennen. Besorgte Eltern haben die Videos gesehen und begonnen rumzutelefonieren.
Ergebnis: Volles Programm mit polizeilichen Ermittlungen. Da der Schüler natürlich auch den PC der Schule benutzt hat war der Täter einfach zu finden. Der Schüler ist nun von der Schule geflogen... und da er aelter ist als 13 hat er richtig ärger an der Backe.
 

Lileigh

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Citizen
Ein Monat ist bisher um.

Gestern gab es ein Update von Gov. Cooper, der ab naechstem Monat das Oeffnen der Schulen wieder erlaubt, aber es den Schulen schlussendlich ueberlaesst, ob sie diesen Schritt gehen wollen oder nicht. D.h. es ist abhaengig von den Faellen in den jeweiligen Bezirken und auch inwiefern sich die lokalen Schulbehoerden sich zutrauen das ganze sicher gestalten zu koennen.

Unsere Schulbehoerde entschied an am Donnerstag morgen in einer Abstimmung, die mit 6-3 ausfiel, dass die Schulen hier im county fuers das komplette Semester weiterhin beim virtual learning bleiben werden und dann mit Beginn des neues Jahres dann komplett auf Plan A umsteigen koennen. D.h. kein Mix aus virtual und in-person.

Da wir dies sowieso schon so geplant hatten, gibt es bei uns keine grosse Umstellung. Aber selbst die, die fuer die Sicherheit der Kinder und Lehrkraefte (und anderes Schulpersonal) sind, sind derzeit nicht wirklich begeistert, weil's nun bis Ende Dezember so weitergeht.

Unser Drittklaessler hat sich mittlerweile daran gewoehnt und ich habe mehrere Tage, an denen ich nicht die ganze Zeit dabei sein muss. Er fuehlt sich etwas wohler in dieser neuen Situation. Geht aber auch nur mit einem festen Plan und genauer Vorgabe des Lehrers, der den Schuelern - nachdem das System nicht mehr so oft herumspinnt - nun einen Ablauf fuer den Morgen gegeben hat (Schulsachen zusammensuchen, einloggen, emails lesen, assignments anschauen, und dann in den videochat). Vorher war das unmoeglich, da bei einigen die Internetverbindung nicht immer steht, andere mussten erst begreifen, dass das der richtige Schulbesuch ist. Eines der Kinder liegt weiterhin im Bett und nach mehrmaligem Nachfragen des Kindes, was denn nun gemacht wuerde, sagte der Lehrer klipp und klar, dass sie mehr mitbekaeme, wuerde sie nicht die ganzen Stunden im Bett verbringen.

Der Klassenlehrer ist wirklich top. Der faehrt auch bei Kindern vorbei und gibt weiteres Material ab, wenn er das Gefuehl hat, dass das Kind sich im Unterricht langweilt oder noch Probleme hat. Schreibt emails und sagt aber, dass er das ohne die Eltern, die zuhause sein koennen, nicht schaffen wuerde. Ich wuesste wirklich nicht, ob mein Sohn genauso gut mitkommen wuerde, waere ich nicht neben ihm bzw. abrufbar. Benehmen und generelles Sozialverhalten waere kein Problem (wobei es auch davon abhaengt, wieviel Unruhe generell schon Vorhanden ist), aber eben das akademische.

Naja, wir werden sehen.
Unsere High School Schuelerin beschwert sich nicht, muss aber auch gesagt bekommen, dass sie ihre Schulaufgaben machen muss. Da gab es einige hiccups. Aber ansonsten stoert sie das ganze momentan noch nicht, da sie sich zur Zeit in der "lasst mich alle in Ruhe" Phase befindet. Sozialer Kontakt war ihr schon immer ein Graus und Dank Handy ist sie weiterhin mit ihrer kleinen Nerd Clique in Kontakt. Fuer Introverts wie sie (und auch mich), ist das alles gar nicht mal so schlimm.
 

stefan tweets

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Das klingt ziemlich positiv.
Hier bei uns vor Ort sieht die Sache düster aus. Nach 6 Wochen Onlineunterricht ist klar das von den 180 Schuelern die meine Frau hat, etwa 60 die Klasse nicht schaffen werden. Sie unterrichtet Spanisch und sogar einige Native-speakers werden die Klasse nicht schaffen....
Sie haben keine Lust und sind zu nichts zu motivieren.
 

Ayne

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60 von 180 ist nur ein Drittel, Lehrpersonal bekommt erst Druck, wenn mehr als die Hälfte versagt, also alles im grünen Bereich.
Dass in einer Schule in erster Linie diejenigen benachteiligt sind, bei welchen Papili/Mamili eben nicht helfen können, daran ist auch Corona nicht schuld, das war schon vorher so, es wird nur noch verschärft.
 

Lileigh

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Citizen
Gestern entschied unser County school board, dass im Januar Plan B in Kraft treten soll.
In-person und virtual school, mit der Moeglichkeit auch weiterhin nur virtual zu machen.

Survey ging an alle Eltern raus. Ergebnis: 60% sind gegen eine Oeffnung der Schulen. Desweiteren zeigte sich, dass der Grossteil der afro-amerikanischen Eltern sich gegen eine Oeffnung aussprachen, waehrend weisse Eltern sich wieder den regulaeren Schulbesuch wuenschen. Aehnliches kann man auch anhand der Kommentarspalten in den lokalen Medien und der Schulbehoerde sehen.

Dass es keine richtige Loesung gibt, ist klar. Aber in Anbetracht dessen, dass es um uns herum vermehrt counties gibt, die am Ueberlegen sind, ob sie wieder zurueck zum virtual learning gehen sollen, ist es unverstaendlich, warum man nun im neuen Jahr die Schulen oeffnen moechte.
Unsere Grundschule musste neulich fuer eine Woche schliessen, weil ein Angestellter positiv getestet wurde. D.h. alle Lehrer mussten dann zuhause bleiben und die Schule desinfiziert werden.
An unserer alten High School gab es auch einen Fall.
Von meiner Freundin erfuhr ich nun, dass die Lehrerin, die hier kuerzlich an covid erkrankte und dann eine Woche nach dem positiven Test verstarb, die Kunstlehrerin ihrer Tochter war. Die Kleine ist dieses Jahr erst in die Schule gekommen.

Und unser County entscheidet gestern (6-3), dass die Schulen langsam ab Januar wieder geoeffnet werden sollen. Zwei Wochen nach Weihnachten; wo man locker davon ausgehen kann, dass sich viele mit der Familie im grossen Kreis treffen werden, "because you don't tell me what to do."
Ab Februar soll es dann in Plan A uebergehen. Nur in-person. Zuerstmal fuer PreK-5.

Natuerlich, sagt man, sei das alles abhaengig von den naechsten Wochen. Aber es bleibt dennoch unverstaendlich wie man diese Entscheidung treffen konnte, wenn derzeit alles aus dem Ruder zu laufen scheint.

Der Ablauf soll dann wie folgt aussehen. Gruppe 1 geht Montag und Dienstag in die Schule. Gruppe 2 macht virtual learning zuhause. Gruppe 2 geht dann dafuer Donnerstag und Freitag in die Schule, und Gruppe 1 bleibt dann zuhause. Mittwochs bleibt die Schule zu.
Gesucht werden jetzt vermehrt Lehrkraefte, da es wohl so laufen soll, dass die Kinder zwei Lehrer bekommen (fuer in-person und fuer virtual).
Das wird bei einigen in Traenen und im Chaos enden, wenn das so kommt. Andere Stellen sagen, dass die Schueler, die virtual machen, von zuhause den in-person Unterricht verfolgen koennen. Wie das funktionieren soll, kann ich mir gerade nicht vorstellen.
Es fehlt mal wieder die Transparenz.
 
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