Schule - Brief eines Lehrers

Ayne

Well-Known Member
Klingt sehr ausgebrannt.
Aber ich drücke die Daumen, dass sich was ändert, auch wenn ich es nicht glaube.
 

Ezri

Adminchen
Administrator
Klingt sehr ausgebrannt.
Aber ich drücke die Daumen, dass sich was ändert, auch wenn ich es nicht glaube.
Er ist nicht einfach nur ausgebrannt, er verdeutlicht auch einfach diese entsetzliche Spirale oder Muster.
Eltern sind scheiße zu ihren Kindern und diese sind dann genauso scheiße zu ihren Kindern dann...
 

Blauregen

Well-Known Member
Ich denke, da kommt eine ganze Menge zusammen.

Was gar nicht aufgeführt wird: Eltern überlassen viel mehr Sachen der Schule. Es geht nicht nur um Respekt und Benehmen. Selbst so einfache Sachen wie sich selber anziehen oder eine Schleife binden können einige Kinder nicht, wenn sie eingeschult werden. Ist das Faulheit/Bequemlichkeit seitens der Eltern? Oder ist ihnen das einfach schnurz? Oder vielleicht können sie es selber kaum...
 

Lileigh

Well-Known Member
Citizen
Hier mal ein paar Punkte dazu.

Ich hab' ab diesem Sommer drei Kinder hier in der Schule. Der aelteste ist derzeit in der High School, Kind 2 kommt in die Middle School und Kind 3 started in den Kindergarten.

Das Respekt fehlt, kann ich so nicht bestaetigen. Da kommt es immer auf den Ort und die Schule an. Es ist nunmal so, dass Kinder aus sozialschwachen Familien hier drueben vermehrt Problem haben, weil die Sorgen im Elternhaus so einiges ueberschatten. Man darf nicht vergessen, dass das die Absicherung hier unter aller Sau ist.
Wie soll sich eine alleinerziehende Mutter oder auch Vater um das Kind (die Kinder) kuemmern, wenn sie das Kind maximal zwei, drei Stunden am Tag sehen, weil man mindestens zwei Jobs hat? Darunter leiden die Kinder. Darunter leidet deren Entwicklung. Dann gibt es Eltern, die einfach resignieren. Und dann haetten wir die Sorte Eltern, die immer noch am corporal punishment festhalten, wie so einige viele Schulen in den USA. Sprich, selbst 2017 glaubt man, dass man den Kindern gutes Benehmen reinpruegeln kann. Als ich hier damals rueberzog, gab es hier in NC noch etliche counties mit corporal punishment an Schulen. Mittlerweile sind es nur noch zwei. Auch wenn dies in den Schulen abgeschafft wird, ist man hier drueben der Ueberzeugung, dass ein paar ordentliche Schlaege bei der Erziehung sein muessen.
Und komischerweise kommt niemand auf die Idee, dass das negative Verhalten der jetzigen juengeren Generation von den Menschen gepraegt wurden, die mit solchen Strafen "erzogen" wurden.

Eine ehemalige Arbeitskollegin meines Mannes hat ihre Tochter nur am Wochenende gesehen. Unter der Woche war das Kind bei der Oma, weil die Eltern kein Geld fuer daycare hatten und beide lange arbeiten mussten. Der Vater hatte zwei jobs, Mutter hatte einen. Anders ging's nicht.
Viele haben nicht die Moeglichkeit ihre Kinder in eine gescheite daycare zu stecken, wo die soziale Entwicklung gefoerdert wird, weshalb Programme wie headstart immens wichtig sind.
Hier drueben bekommt man mittlerweile beim Kinderarzt bei jedem Besuch ein Buch fuers eigene Kind, weil viele sozialschwache Eltern kein Geld fuer Buecher haben und wann sollen diese die libraries aufsuchen, wenn sie arbeiten muessen oder die naechste library nicht leicht erreichbar ist. Anyway, mit dem Buch wird auch erklaert, warum es wichtig ist, Kindern vorzulesen, sich mit ihnen zu beschaeftigen usw. Viele vergessen das eben oder sind komplett ueberfordert, wenn sie nach einem 12h- Tag nach Hause kommen und sieben Tage die Woche arbeiten muessen und den letzten Urlaubstag vor Jahren hatten.

Natuerlich kann man sagen, dann sollen sie eben keine Kinder bekommen. Ist aber Unsinn und loest die Probleme nicht.

Zum Stress in der Schule kann ich sagen, dass sich da auch bei uns in den letzten Jahren einiges getan hat. Hier kauft man fuer die gesamte Klasse ein. Als mein aeltester als Zwerg hier in die 1. Klasse kam, war die Materialliste ueberschaubar. Mittlerweile werden nun auch schon Dinge wie copy paper aufgefuehrt, in anderen Schule steht dann auch schonmal Toilettenpapier drauf.
Lehrerfreunde, viele davon special ed teachers, sind kurz vorm Zusammenbruch. Die muessen vieles aus eigener Tasche zahlen, weil einfach kein Geld vorhanden ist. Andere haben den Job aufgegeben, weil es einfach nicht mehr ging. Schlechte Bezahlung, schlechte Vorraussetzungen. Da kann man den Job noch so sehr lieben, aber wenn es einem schwer gemacht wird, den Kindern das Material beizubringen, bleibt die Freude am Job irgendwann auf der Strecke.
Hier in unserem county ueberlegt man nun Faecher wie Kunst, Musik, und Sport eventuell komplett zu streichen, weil durch geplante Aenderungen (weniger Kinder in eine Klasse) kein Geld fuer mehr Lehrkraefte vorhanden ist. Diese Lehrkraefte sollen eben aus den gestrichenen Faechern kommen.
Recess wurde fuer Kinder auch gekuerzt oder gestrichen. Hier an unserer Schule noch nicht, aber an Schulen, die weniger Mittel zur Verfuegung haben. Und das sind einfach die Schulen, die mehr Problemschueler haben. Diesen Kindern nimmt man die Moeglichkeit sich draussen fuer mindestens 30 Minuten auszutoben. Man darf nicht vergessen, dass der Stundenplan hier ein ganz anderer ist. Hier bei uns gehen schon die kleinsten den ganzen Tag in die Schule.
Unsere Nr. 3 wird von halb neun bis halb vier in die Schule gehen und das ist lang fuer einen fuenfjaehrigen. Wenn die sich nicht austoben duerfen, knallt's im Klassenzimmer.
Und wenn man sich den Lehrplan und den Unterricht anschaut, wird man feststellen, warum Lehrer und Schueler ueberfordert sind. Die sozialen Kompetenzen bleiben auf der Strecke, weil die academic skills als wichtiger angesehen werden.
Das sieht man auch in einigen Elternhaeuser, in denen Kinder schon mit einem oder zwei Jahren auf Schule getrimmt werden. Das ist dann der krasse Gegensatz zu anderen Familien und ein weiteres Problem. Kind darf nicht Kind sein, weil die Eltern Sorge haben, dass es in der Schule nicht mitkommen koennte. Somit werden hier oft vierjaehrige und fuenfjaehrige eingeschult, die zwar lesen und schreiben koennen, aber deren Sozialverhalten grosse Probleme in der Schule machen. Die kommen mit ihren peers nicht zurecht, weil sie die einfachsten Dinge im Umgang mit anderen nicht beherrschen bzw. von den Eltern zuhause das falsche Verhalten vorgelebt bekommen.
Lehrerfreunde und auch Eltern mit special need kids sind besorgt wegen der anstehenden Aenderungen, weil es kein improvement sein wird.

Und dann haetten wir eine Gesellschaft, die in Panik geraet, wenn Kinder alleine draussen spielen. Da ruft dann die besorgte Nachbarin die Polizei, weil die Eltern die Kinder unbeaufsichtigt lassen. Vielen Kindern wird hier nicht die Moeglichkeit gegeben sich altersgerecht zu entwickeln. The Land of the Free...klar, mit 10 Mio Regeln fuer jeden Mist. Vieles wird unterlassen oder verboten, weil jeder die Sorge hat, dass man das naechste Opfer von irgendwelchen lawsuits werden koennte.
Und nein, das war nicht immer so.

Das Thema ist extrem komplex und es ist eine Schande, wie man hier mit der Bildung und generell mit der naechsten Generation umgeht. Nach uns die Sintflut.
 

Ayne

Well-Known Member
Er ist nicht einfach nur ausgebrannt, er verdeutlicht auch einfach diese entsetzliche Spirale oder Muster.
Eltern sind scheiße zu ihren Kindern und diese sind dann genauso scheiße zu ihren Kindern dann...
Ich denke es ist vieles, das zusammen kommt.
Fakt ist einfach, dass die meisten halt das ganze Leben lang benachteiligt sein werden, wenn das Elternhaus grundlegend nicht stimmt. Dabei meine ich nicht nur die sozial schwachen Familien, bei den besser betuchten kann einfach mehr kaschiert und abgewimmelt werden.
 
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